ZORN! - Newsletter #1 vom 11.08.2009
DIESER HERBST WIRD ZORNIG!
Das Reinhardt-Seminar zeigt vom 26.9. bis 4.10.2009
„ZORN! - Dramatisches Erzählen Heute“
Das Theater unterliegt Veränderungen. Seine Daseinsberechtigung steht mit jeder Produktion auf dem Prüfstand. Die Welt jedoch ist zweifellos ein Ort geblieben, an dem sich „ungeheure Begebenheiten“ zutragen, von denen zu erzählen künstlerischer Auftrag ist - auch und besonders ein Auftrag für die darstellende Kunst.
Von diesem Grundgedanken ausgehend haben wir sehr unterschiedliche zeitgenössische Autoren um Textspenden zum Thema „Zorn“ gebeten. Franzobel, Nino Haratischwili, Daniel Kehlmann, Matthias Wittekindt, Volker Schmidt und - freilich ungefragt - der große Euripides sind uns gefolgt.
Namhafte Wissenschaftler werden – befragt von den anwesenden Künstlern sowie von Barbara Rett – in drei öffentlichen Diskussionen Brücken schlagen zwischen den Fakten ihres Spezialgebiets und den Fiktionen der Festival-Stücke.
Wir eröffnen den Reigen mit dem Thema „West-östlicher Zorn“. Der renommierte Germanist Wolfgang Müller-Funk wird uns begleiten und seine Thesen zum Thema in der ersten großen Diskussion am 27.9. erläutern.
Den dramatischen Zündstoff bietet das hochaktuelle und brisante Georgien-Stück „Georgia“, eine österreichische Erstaufführung der georgischen Autorin und Gewinnerin des Heidelberger Stückemarktes 2008 Nino Haratischwili.
Regie führt der israelische Jungregisseur Hannan Ishay, der sich seit Beginn seines Studiums auf sehr spezifische Weise mit gesellschaftlichen und politischen Themen auf der Bühne befasst.
Der österreichische Dichter und Dramatiker Franzobel, früher Wegbegleiter des Festival-Dramaturgen und ehemaligen Dramaturgen des Volkstheaters Wien, Karl Baratta, legt eine tragi-komische Tour-De-Force zum Thema vor.
In einer dramatischen Skizze des jungen deutsch-griechischen Regisseurs Sarantos Zervoulakos kommt erstmals Franzobels wilde „Liebesgeschichte“ auf die Bühne. Zervoulakos konnte sich in den letzen Jahren, auch auf verschiedenen Festivals mit seinen intensiven und existenzkomischen Inszenierungen profilieren.
Über die restlichen Themenblöcke und Produktionen berichten wir in den beiden nächsten Newsletters. Ausführliche Informationen, Spielplan und Kartenvorverkauf finden Sie bereits jetzt unter www.dramatisches.at.
Erleben Sie eine dramatische Woche mit dem Reinhardt-Seminar!
Nino Haratischwili: Georgia
Irgendetwas Schreckliches muss passiert sein, in jener Nacht, damals. Die Spuren führen nach Tiflis, dann nach Moskau. Eine Mutter verlässt ihre Familie. Eines Morgens setzt sie sich ins Auto, fährt weg. Vier Tage später ist sie tot. Was bleibt, ist Leere, Trauer, Schmerz und Wut – selbst wenn man Tiflis den Rücken kehrt und im fernen Deutschland ein neues Leben beginnt.
Die georgische Dramatikerin Nino Haratischwili schickt ihre junge Protagonistin Nelly auf die Suche nach der Geschichte ihrer Mutter und nach den mysteriösen Umständen ihres Todes. Nach Jahren der Abwesenheit fühlt sie sich fremd und unverstanden im eigenen Land. Eine Mauer des Schweigens stellt sich ihr und ihren Nachforschungen entgegen. Niemand hat etwas gesehen oder gehört, keiner will etwas wissen, keiner will sich erinnern.
Immer tiefer gräbt die junge Frau in den verborgenen Schichten der Vergangenheit, folgt den einzelnen Spuren bis zu deren Ende, an dem ein grausames Verbrechen steht. Eine aufwühlende, emotionsgeladene Familiengeschichte über ein Leben zwischen zwei Welten.
- Autorin: Nino Haratischwili; Regie: Hannan Ishay; Bühne und Kostüm: Maria Eberhardt; Licht: Andreas Lungenschmid; Musik: Dimitar Karamitev
- Darsteller: Florentin Groll, Jens Ole Schmieder, Markus Subramaniam, Nike Van der Let, Doina Weber
- Termine: Sa, 26.9. (19:00) //
So, 27.9. (19:00) //
Sa, 3.10. (18:00) //
So, 4.10. (20:00)
Spielort: Max Reinhardt Seminar / Neue Studiobühne - Österreichische Erstaufführung
© Verlag der Autoren, Frankfurt
Franzobel: Liebesgeschichte
"Ohne Bücher und ohne Theater wären die Menschen hilflos dem Sex ausgeliefert." (Franzobel)
Ein Mann dreht durch. Nachdem seine Frau mit dem Kind aus dem Fenster gesprungen ist, seine Geliebte ihn auf die Straße gesetzt hat, läuft er Amok. Vor Liebe blind rast er wie ein Irrer durch die Straßen Wiens, erschießt seinen Rivalen, tröstet sich mit einer anderen Frau, veranstaltet im Bristol eine Orgie, erleidet einen Zusammenbruch im Prater und besteigt schließlich ein Flugzeug nach Jerusalem, um Terrorist zu werden. Doch auch das scheint nicht ganz so einfach…
In einem rasanten Sprachfuror entwirft Franzobel die Geschichte seines Antihelden, der den Boden unter den Füßen und den Glauben an die Welt verliert. Für den die Liebe unendliche Wut, Schmerz und sexuelle Begierde bedeutet. Getrieben vor Verlangen und Maßlosigkeit, bleibt ihm einzig seine ziellose Flucht durch die Stadt und die Welt.
Leichtfüßig, aberwitzig und poetisch kommt dieser Roman daher, dessen Hauptfigur mit seiner Liebe doch nur eines wollte: neben „Romeo und Julia“ und „Tristan und Isolde“ das dritte große Liebespaar des Abendlandes werden.
- Autor: Franzobel; Regie: Sarantos Zervoulakos; Licht: Andreas Lugenschmid
- Darsteller: Sophia Magdalena Freynhofer, Christoph Schechinger, Markus Westphal
- Termine: So, 27.9. (19:30) //
Do, 1.10. (19:30) //
Fr, 2.10. (19:00) //
So, 4.10. (19:30)
Spielort: Salon5 - Uraufführung; Nach Motiven aus dem Roman „Liebesgeschichte“ von Franzobel
© Paul Zsolnay Verlag Wien 2007
Diskussion: »West-östlicher Zorn«
Mit etwa folgenden Fragen - inspiriert von den Produktionen „Georgia“ und „Liebesgeschichte“ - werden Barbara Rett und ihre Gäste an den renommierten Germanisten Wolfgang Müller-Funk herantreten:
- Gibt es „territorial verschiedene“ Ausprägungen des Zorns?
- Wie bemessen verschiedene Gesellschaften den „Wert des Zorns“?
- Wie spiegelt sich das in der Literatur?
Wir freuen uns auf eine lebendige Diskussion mit den Künstler-Teams und dem Publikum!
- Wissenschaftliches Außenauge: Wolfgang Müller-Funk; Moderation: Barbara Rett
mit: Karl Baratta, Franzobel, Nino Haratischwili, Hannan Ishay, Sarantos Zervoulakos - Termin: So, 27.9. (20:45) // Max Reinhardt Seminar / Foyer; Eintritt frei
- Spielorte:
Max Reinhardt Seminar Wien (Penzinger Strasse 9, 1140 Wien)
Salon5 (Fünfhausgasse 5, 1150 Wien) - Kartenvorverkauf:
Karten erhältlich bei klassik.oeticket.com und an allen oeticket-Vorverkaufsstellen
oder telefonisch unter 01/ 96 0 96. Wählen Sie bitte aus unserem Spielplan. - Abendkasse:
Geöffnet ab 1 Stunde vor Vorstellungsbeginn an den jeweiligen Spielorten. - Kontakt:
Email: info(at)zorn-festival.at - Wenn Sie diesen Newsletter abbestellen möchten, senden Sie bitte "ABMELDEN" an uns zurück.